Ein vertrautes Gefühl der Wärme macht sich in mir breit, ich beginne zu strahlen, als das Licht der Mittagssonne auf die nackten und ergrauten Gebäude des 12. Gemeindebezirks fällt. Selbst Meidling ist heute wunderschön. Ich steige aus dem Zug und atme den Bahnhofsgeruch, der sich aus Schweiß, Bier und Pisse zusammensetzt, genüßlich ein. Wien! Ich setzte mich in Bewegung und meine Mundwinkeln schnellen in die Höhe. Eine Träne rollt mir über die Wange, als ich meine Schwester umarme. Wir wuseln durch die Menschenmengen, ich sehe mehr Leute als Kühe. Sie sehen grantig und angespannt drein, ich liebe es!

So viele Geräusche auf einmal und dazwischen ein Kettengeklimper. Ich blickte in die Richtung aus der es kam und sehe baumelnde Beine über dem Boden der Mariahilferstraße, die in mehreren silber glänzenden Hundehalsbändern und vielen überdimensional wirkenden Fußketten steckten. Der sonst in schwarz gekleidete Mann lächelt mir zu, er hat kaum Zähne im Mund. Ich wende den Blick nicht ab, starre auf die Ketten. Ich stoße mit Touristen zusammen, deren Kameraobjektiv wird mir unsanft in den Bauch gerammt. Grantig sehe ich sie an und mir entweicht ein schmerzhaftes „Oida!“. Ich gehe weiter, das Geklimper wird leiser, die Stimme einer Person hinter einem Klemmbrett lauter. Sie fällt mich an, ich beschleunige meine Schritte. „Keine Zeit!“ So viele Menschen sind unterwegs, es gibt so viel zu sehen. Überall warten Geschichten.

In der Ubahn sitzen mir vom Dreck schwarz gefärbte Hände gegenüber, die sich an zwei Dosen festgesetzt haben. Die Kappe wurde tief ins Gesicht gezogen, ich sehe den Mund und den Bart, auf dem sich Tropfen von Bier verirrt haben. Es ist zeitig in der Früh. Als ich aussteige bin ich in Eile, hetzte am Naschmarkt vorbei, die goldene Kuppel sehe ich erst gar nicht, aber weiß, dass sie da ist. Sie hat gewartet. Überall wird gebaut und umgebaut. Ich renne unter einem Gerüst hindurch. Es bröckelt die Fassade, es glänzt das Weiß.

Ach, Wien! Du bist so schirch. Ach, Wien! Du bist so schön! Erst durch den Abstand zu dir erkannte ich wie sehr ich dich vermisse. Verzeih, dass ich dich für Berge und Kuhscheisse verlassen habe.

Sudernde Grüße,

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