Willkommen zurück im SJMB BOOK CLUB! Unser letzter Beitrag dazu liegt schon einige Monate zurück und das bedauern wir sehr. Denn wir lesen unglaublich gerne und freuen uns immer über Anregungen von anderen Blogger/innen oder Leser/innen. Zurzeit lese ich ein Buch von einem tollen österreichischen Autor, der mir kurzfristig (für 5 Monate) auf Instagram gefolgt ist. I AM SO PROUD!

Thomas Glavinic – Das bin doch ich
Das erste und bis vor kurzen noch einzige Buch, das ich von Glavinic gelesen hatte, war Der Kameramörder ein Roman, der aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Es ist eine grausame und zugleich verstörende Geschichte über einen Soziopathen. Die Grundrisse zu diesem Buch hat Glavinic als Täter selbst geträumt und in nur sechs Tagen niedergeschrieben. Hoch begeistert habe ich diese und ähnliche Informationen in ein paar Interviews mit Glavinic in mich aufgesogen. Zwei davon möchte ich euch hier verlinkt haben. So viel Wertschätzung für seine geistreichen und meist witzigen Aussagen!

Das bin doch ich ist 2007 beim Hanser-Verlag veröffentlicht worden (mein Exemplar ist eine Neuauflage von 2017 beim Fischer Verlag), und stand im selben Jahr auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Mir hat es großartig gefallen, es ist ein witziges Stück Literatur, das die Probleme und Sorgen eines in Wien lebenden Schriftstellers in der Ich-Perspektive erläutert. Es ist Thomas Glavinic, der zu den Leser/innen spricht und zwischen seinem Hang zum Alkohol, seiner eigenen Hypochondrie und Iatrophobie, dem Neid auf Kollegen, den immer wiederkehrenden Selbstzweifeln, Geldproblemen und zwischen den gewünschten literarischen Erfolgen in seinem Leben herum balanciert. Trotzdem die Grenzen zwischen der Romanfigur Thomas Glavinic und dem Autor Thomas Glavinic zu verschwimmen scheinen, sollte man (zumindest habe ich es so gelesen) die beiden Personen nicht einen. Ich nenne Das bin doch ich wohl eher ein autobiographisch inspiriertes Werk. Wer weiß schon was Dichtung und was Wahrheit ist (Hallo, Goethe!), in einem Interview sagt der Autor, selbst nicht mehr zu wissen, was davon „wahr“ sei. Das bin doch ich erzählt von einem Schriftstellerleben, zwischen den Lästigkeiten des Familienlebens, dem teilweise wenig geschätzten Literaturbetriebs und dem Alltag an sich. Ein Porträt, das vor selbstironischen Witz mit unzähligen Gläsern G’spritzten überschäumt.

Ich denke mitleidig an sie, die Arme muß verkatert zwei Kleinkinder betreuen. Ich nur eines, nämlich mich. (S.112)

„… Sex ist die netteste Art, sich kennenzulernen, aber da wir beide mit anderen verheiratet sind, fällt das aus.“ (S. 111)

„Mit Daniel und Marco setze ich mich ins Foyer. Der Wein an der Bar ist nicht ganz mein Fall, aber ohne Alkohol halte ich solche [Literatur-] Veranstaltungen nicht aus, also trinke ich Gespritzten  (Weißweinschorle).“ (S. 26)

„… und das erinnert mich nicht ganz leidlos daran, daß ich das nicht habe, daß man meinem Gesicht nicht Bildung abliest oder Geistestiefe oder Scharfsinnigkeit oder die Lektüre von Tausend Büchern, sondern – naja, irgend etwas anderes.“ (S.13)

„Ich bin ein friedfertiger Mensch, aber auch ein Knecht meiner Idiosynkrasien. Schon jetzt fühle ich Mißmut gegen diesen Bauerntölpel da mir gegenüber, diese dumme Frau mit ihren stinkenden Nudeln.“ (S. 56)

„Nach einer Weile finde ich ihn durchaus sympathisch, nur das Thema – ich bzw. meine Literatur – geht mir schrecklich auf die Nerven.“ (S.97)

Was lest ihr gerade? Ich freu mich immer wahnsinnig über einen Austausch!

Liebe Grüße,